104a - Die Braut der Bestie by Dämonenkiller

104a - Die Braut der Bestie by Dämonenkiller

Author:Dämonenkiller
Language: deu
Format: epub


Widerstreitende Gedanken peinigten den Geist des Schuppenungeheuers. Heftige Schläge gegen das Gefängnis, das es sich selbst auserwählt hatte, störten es in seinem tiefen Schlaf, in seiner Jahrhundertlethargie, die seine Körperfunktionen vollständig zum Stillstand gebracht und nur eine winzige sparsame Lebensflamme am Brennen erhalten hatte. Jetzt fühlte es sich einer Entscheidung gegenübergestellt, die ihm aufgezwungen wurde, die es nicht wollte.

Es hegte den innigen Wunsch, weiterzuschlummern. Doch die schweren Schläge gegen seinen kristallenen Käfig ließen dies nicht zu. Es mußte aufwachen. Noch hielt es die Augen geschlossen, noch konnte es sich wegen der Eismassen, die seinen Leib versiegelten, keinen Deut regen. Aber schon keimte die quälende Empfindung auf: Hunger!

Dem Monster war bewußt, daß es gewachsen war, nachdem es die frische Nahrung aus den Körpern der Wikinger in sich aufgenommen hatte. Es hatte sich warm, satt und rundum zufrieden gefühlt. Vielleicht hätte es bis in alle Ewigkeit geruht, wenn nicht neue Entdecker den Weg zu ihm gefunden hätten. Seine Instinkte suggerierten ihm zweierlei Impulse ein: erstens, die Störenfriede abzuwehren und ihnen eine Lektion zu erteilen; zweitens, sein ungeheures Nahrungsbedürfnis zu stillen.

Die ausgelaugten, trockenen Leichen von Eike, Brüne, Olaf und den anderen Wikingern umlagerten den mächtigen Leib des Ungeheuers, bildeten eine Art Bett unter seinem Bauch. Es vernahm die Stimmen der Menschen wie durch eine dicke Watteschicht.

„Weitergraben, Gerard! Mein Gott, gib doch jetzt nicht auf!"

„Ich kann nicht mehr, Bill."

„Du mußt!“

„Laß mich ein paar Minuten verschnaufen."

„Du machst einen Fehler", sagte eine dritte Stimme. „Die Kälte wird dich unterkriegen und nicht mehr auf die Beine kommen lassen. Erinnerst du dich nicht daran, was die Tücken dieser verfluchten Gegend sind?"

„Schon, Jens."

„Na also. Nur Aktivität erhält uns am Leben. In Isachsen sind wir längst überfällig, aber bevor unsere Freunde von den Sverdrup-Inseln eine Suchmannschaft in Bewegung gesetzt und unsere Spuren gefunden haben, sind wir verreckt."

„Jens hat recht", sagte Bill Sismar. „Das prähistorische Wesen, das wir dort unten in den Eisschichten entdeckt haben, stellt vorläufig unsere einzige Rettung dar. Wir werden es auftauen und sein Fleisch essen."

„Unsere Vorräte sind seit zwei Tagen restlos aufgebraucht", fügte Jens Koopman hinzu.

Gerard Baptist stieß einen krächzenden Laut aus und erwiderte: „Wem sagt ihr das, Freunde? Ich habe einen solchen Kohldampf, daß ich kaum noch geradeaus laufen kann. Also los, schuften wir weiter! Das Fleisch der Bestie da unten wird zwar scheußlich schmecken, aber ich würde sogar Würmer zerkauen, um nur was zwischen die Zähne zu kriegen."

Sie arbeiteten weiter.

Das Monster vernahm die Schläge, die gegen seine frostige Burg prallten und Stücke daraus losbrachen. Mit großer Anstrengung machte es das eine Augenlid etwas auf. Da stellte es fest, daß es Tag war und die Sonne grell vom Himmel stach. Vor dem messingblauen Himmel, der sich über dem Gletscher spannte, nahmen sich scharf die Konturen der drei Männer aus.

Sie benutzten Geräte, die das Monster ebensowenig kannte wie die Schwerter und Schilde der Wikinger: Spitze Hacken; und sie trieben einen Stollen in das Eis, und mit anderen flachen Geräten räumten sie die gefrorenen Brocken fort. Die Männer waren groß und besaßen Bärte, die nicht ganz so lang wie die der Wikinger, jedoch ebenso zerzaust und wild waren.



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